Allgemeinmedizin ist seit einiger Zeit das Fach, welches mich am meisten interessiert. Ich habe vor drei Monaten mein Studium abgeschlossen und befinde mich zurzeit im „Übergang“ zwischen Studium und Arbeitsbeginn: Betreibe Nachlese, führe mir vor Augen, was ich alles in den letzten Jahren gelernt habe, widme mich verschieden „Herzensprojekten“ und nähere mich dem Arbeitsbeginn an. Nach den zwei Tagen auf dem Vasco da Gama Movment (VdGM)-Forum in Dublin war ich bestärkt darin, Allgemeinmedizinerin zu werden und hätte am liebsten sofort begonnen, mit Patienten zu arbeiten. Was mir in Erinnerung geblieben ist und Eindruck hinterlassen hat, möchte ich hier teilen.
48 Teilnehmer konnten sich in Kleingruppen zu 6 Personen einem, von einem Gruppenteilnehmer mitgebrachten, Problem aus dem Feld der Allgemeinmedizin widmen. Mit Hilfe des innovativen Design-Thinking-Prozesses wurden dann Lösungsansätze erarbeitet. In meiner Gruppe haben wir uns mit der Frage auseinander gesetzt, wie man die Karriere als Landarzt attraktiver machen könnte. Für eine Lösung relevant erschienen uns unter anderem eine Verbesserung des Image der Hausärzte, Rotationen in Landarztpraxen schon während des Studiums und eine allgemeine Thematisierung, wie das Leben auf dem Land reizvoll gestaltet werden kann – damit zum Beispiel Lebenspartner gerne mitziehen. Was ist Design-Thinking? Hier eine kurze Einführung: YouTube
„Der Bereich des Normalen ist viel breiter als es euch vom medizinisch-ökonomischen- Komplex suggeriert wird. Macht eure Patienten nicht kränker als sie sind!“, Anna Stavdal, WONCA Europe Vizepräsidentin
Diesen und noch ein paar mehr Ratschläge und Hinweise, die ich wohl nicht oft genug hören kann, bis ich sie irgendwann selbst in mir trage:
In einem Workshop zur Balint-Gruppe erfuhren wir über diese Möglichkeit, Erfahrungen von schwierigen Situationen mit Patienten in einer Gruppe zu teilen. Zu erleben, dass man nicht allein mit diesen Schwierigkeiten ist und viele andere ÄrztInnen sehr ähnliche Probleme haben. Als Zuhörerin kann man sich in den Erfahrungsberichten der anderen sehr ot wieder erkennen und mitlernen.
Wer etwas verändern will, trifft meist schnell auf Widerstand. In diesem Workshop wurden die Reaktionsphasen auf Veränderungen dargestellt (angelehnt an die Trauerphasen nach Kübler-Ross) und die Wichtigkeit, alle Beteiligten aktiv in Veränderungsprozesse mit einzubeziehen. Man muss entsprechend informieren und sowohl auf ihre Sorgen und Befürchtungen, als auch auf ihre Ideen und Vorschläge eingehen. Außerdem beginnt man mit der Überzeugungsarbeit am Besten bei denen, die Offen für Veränderung sind, die sich begeistern lassen. An jene, die sich ohnehin nicht überzeugen lassen ist die Energie oft vergeudet! Zum Ende der zweitägigen Veranstaltung mit sehr dichtem Programm, als ich, wie die meisten anderen, schon sehr müde war, kam in mir mal wieder die Frage auf: Wie können wir als Ärzte selbst auf unsere menschlichen Bedürfnisse schauen? Wie müsste man das Programm so einer Konferenz gestalten, in dem dafür Platz ist? Gehört es zum Berufsethos, so viel zu arbeiten, wenig zu schlafen und das dann mit Schokolade und Kaffee zu kompensieren versucht?
Der persönliche Austausch mit ÄrztInnen aus ganz Europa, die in verschiedensten „Primary-Healthcare-Systemen“ arbeiten, war einfach spannend. Die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sind so verschieden und trotzdem schienen sie alle etwas gemeinsam zu haben: Ein großes Interesse und Freude am Begleiten von Menschen. Wie auch Per Kallestrup in seiner Rede sagte: „the accronym VdGM also stands for ‘very damn good medics’.” (YouTube)
"I propose that the accronym VdGM also stands for 'very damn good medics'!", Per Kallestrup, Mitbegründer des Hippokratesaustausch, in seiner Dankesrede für den "Being Young, Staying Young"-Award