<h2>Einleitung</h2><p>Versorgungsforschung als interdisziplinärer Forschungsansatz, der die Prozesse, Ergebnisse und Rahmenbedingungen von Gesundheitsversorgung mit wissenschaftlichen Methoden untersucht, wird zunehmend auch in Hausarztpraxen durchgeführt. In der Mehrzahl werden die zu beforschenden Gegenstände den Hausärztinnen und Hausärzten (HÄ) von dritter Seite vorgegeben; weniger üblich ist es, dass HÄ in den Prozess, Forschungsfragen zu generieren, eingebunden werden. Verschiedentlich konnte gezeigt werden, dass eine frühe und aktive Einbindung der teilnehmenden HÄ in den Forschungsprozess die Motivation der HÄ zur Teilnahme an Forschungsprojekten deutlich steigern konnte.</p><h2>Methode</h2><p>Für die vorliegende Arbeit wurden alle (1015) steirischen HÄ mittels eines ersten Fragebogens angeschrieben und gebeten, für sie relevante Forschungsfragen bzw. -themen zu nennen. Diese Vorschläge wurden hinsichtlich ihrer Formulierung als Forschungsfrage oder -thema, ihrer Machbarkeit und des Vorliegens von Ergebnissen aus wissenschaftlicher Forschung durch ein Expertengremium beurteilt. Die so identifizierten, machbaren Fragestellungen wurden mittels semistrukturierter Interviews mit den die Frage stellenden HÄ entsprechend dem PICO Schema umformuliert, strukturiert und erneut vom Expertengremium hinsichtlich Ihrer Relevanz für einen Wissenszuwachs der Allgemeinmedizin priorisiert. Die 10 als am relevantesten eingestuften Forschungsfragen wurden danach mittels eines zweiten Fragebogens allen steirischen HÄ vorgelegt und von diesen hinsichtlich ihrer Relevanz für den hausärztlichen Alltag auf einer vierstufigen Skala bewertet.</p><h2>Ergebnisse</h2><p>Die 133 von den HÄ genannten Forschungsthemen und -fragen setzten sich aus 105 allgemeinen Themen und 28 konkreten Forschungsfragen zusammen, welche inhaltlich kategorisiert und vom Expertengremium gesichtet wurden. 17 davon wurden als machbar im Hinblick auf wissenschaftliche Beantwortbarkeit durch ein Forschungsprojekt bewertet und strukturiert. Nach einer erneuten Sichtung der nun strukturierten Fragen wurden 10 Forschungsfragen durch das Expertengremium als am relevantesten hinsichtlich eines Erkenntnisgewinns für die Allgemeinmedizin eingeschätzt und an alle 1015 steirischen HÄ gesendet. 14,7 % der angeschriebenen HÄ nahmen an der Reihung nach Praxisrelevanz dieser Fragen teil und bewerteten die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Gatekeeping -Systems im Gegensatz zur freien Facharztwahl und der Bewertung einer medikamentösen vs. Einer Pphysiotherapeutischen Therapie bei Rückenschmerzen im Hinblick auf die Reduktion der Krankenstandstage als am relevantesten.</p><h2>Schlussfolgerung</h2><p>Das Ergebnis dürfte einerseits durch die aktuellen gesundheitspolitischen Diskussionen zur ärztlichen Primärversorgung der österreichischen Bevölkerung zu erklären sein; darüber hinaus ist für HÄ die Wirksamkeit bestimmter therapeutischer Maßnahmen bei einem häufigen Beratungsanlass im Hinblick auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit relevant. Beide Fragestellungen betonen darüber hinaus das Bewusstsein der HÄ für die durch sie verursachten Folgekosten im Sozialsystem. In einem nächsten Schritt sollen die als äußerst relevant bewerteten Fragen hinsichtlich ihrer Beantwortbarkeit (Literaturrecherche, Fortbildung über ggf. existierende Leitlinien, Forschungsprojekt im Rahmen einer Studie) methodisch kategorisiert und in weiterer Folge bearbeitet werden.</p>